DRV – Prüfdienste auf Irrwegen – Warum das 9.090-Euro-Argument keine Grundlage für SV-Pflicht ist

Die DRV Rheinland-Pfalz beruft sich bei Betriebsprüfungen aktuell auf ein Urteil des BSG aus dem Jahr 2018, in dem entschieden wurde, dass bei einem Jahreseinkommen von insgesamt 91.670 Euro zusätzliche Einkünfte aus einer kurzfristigen Beschäftigung in Höhe von 9.090 Euro von „besonderer wirtschaftlicher Bedeutung“ sind und damit letztere Tätigkeit berufsmäßig ausgeübt wird und nicht sv-frei abgerechnet werden kann.

Bei der DRV heißt es im Bescheid:
„Da die Höhe des im Beschäftigungszeitraum erzielten Bruttoarbeitsentgelts von 12.75 8,00 € die im aufgeführten Urteil festgelegte Grenze i.H.v. 9.090 € überschreitet, ist die Tätigkeit nichtmehr von untergeordneter wirtschaftlicherBedeutung“ (und damit sv-pflichtig).

Hier ist Vorsicht geboten. Das BSG hat keine Entgeltgrenze festgelegt, ab der SV-Pflicht eintritt. Das BSG hat in dieser Entscheidung lediglich ausgeführt, dass jemand, der sowohl abhängig beschäftigt als auch selbständig tätig ist, nicht nebenbei eine sv-freie Tätigkeit ausüben kann, wenn diese - gemessen am Jahreseinkommen - für ihn von nicht untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Im konkreten Fall hatte ein Schauspieler an 7 Tagen 9.090 € und damit ca. 10 % seines Jahreseinkommens verdient.
Für die Beurteilung von Arbeitsverhältnissen von Erntehelfern aus den osteuropäischen Nachbarländern ergibt sich hieraus keine Rechtsprechung, die von Bedeutung wäre. Die DRV wird diese Rechtsprechung auch nicht 1:1 anwenden. Andernfalls müsste sie ermitteln, über welches Jahreseinkommen der Erntehelfer in seinem Heimatland verfügt, um dann festzustellen, ob das Entgelt aus der Tätigkeit in Deutschland 10 % des Jahreseinkommens übersteigt oder nicht. Vermutungen oder Schätzungen sind nicht zulässig.
Noch kein Gericht hat eine Einkommensgrenze von 9.090 Euro festgelegt, um anhand dieses Wertes zu bestimmen, ob eine Tätigkeit berufsmäßig war oder nicht.

Der VSSE e.V. hat den Fachanwalt Christian Fritz gebeten, eine Einordnung vorzunehmen, bevor diese Grenze flächendeckend als Argument für die SV-Pflicht durch die DRV eingeführt wird. Gute Arbeitskräfte bei Leistungslohn sowie loyale Mitarbeiter, die die Beschäftigungsdauer von drei Monaten erfüllen, wären durch die Abzüge besonders benachteiligt.

Autor: Christian Fritz
Fachanwalt für Sozialrecht

Stand: 22.05.2025

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